Freitag, 27. Juni 2025

Blues in Euro-Zone Beta




„Ich erinnere mich an Langeweile.“

Letzte Worte eines anonymen Subjekts der Euro-Zone Beta – Protokollfragment X, Archiv-ID #EZX-451-D


(Die Stimme ist ruhig. Kein Zorn mehr. Kein Trotz. Nur Müdigkeit. Die Kamera läuft nicht. Niemand hört zu. Aber er spricht trotzdem.)


Ich erinnere mich an Langeweile.

Nicht als Fluch, nicht als Mangel –
als Zustand.
Weißt du?
Als Zeit einfach... verging.
Ohne dass sie etwas liefern musste.
Kein Lernziel, kein Inhalt, kein Swipe.
Nur Stille.
Nur Ich.


Damals
ich glaub, ich war zwölf –
habe ich stundenlang auf eine Wand gestarrt.
Nicht meditiert.
Nicht reflektiert.
Einfach gestarrt.
Ich wusste nicht, dass das später Luxus sein würde.


Heute?
Jede Sekunde muss gefüllt sein.
Mit Geräusch.
Mit Inhalt.
Mit Sinn.

Sinn.
Was für ein Schwindel.


Ich erinnere mich, wie ich draußen saß,
ohne Grund.
Die Welt war nicht in HD.
Der Himmel hatte keine Anzeige.
Die Bäume sprachen nicht mit mir.
Und das war...
genug.


Jetzt sprechen sogar meine Schuhe mit mir.
„Du hast heute erst 4.836 Schritte gemacht.“
Weißt du, was sie nie sagen?
„Du bist einfach nur da. Und das reicht.“


Ich erinnere mich an Langeweile.
Und das war vielleicht das Letzte,
was wirklich mir gehörte
.


(Pause. Geräusch im Hintergrund: leises Summen eines Luftreinigers.)


Vielleicht werde ich irgendwann vergessen,
dass ich mich erinnere.
Und das ist in Ordnung.
Denn dann wird es ruhig.

Nicht leer.
Nicht tot.
Ruhig.


(Ende der Aufzeichnung. Datei beschädigt. Metadaten fehlen. Archiviert unter „irrelevante Subjektivität – kein Handlungsbedarf“.)






„Ich bin nicht krank. Ich bin behandelt.“ – Balkonrede in der Euro-Zone Beta

Ein Einakter über Mikroplastik, Meme-Sprache und die letzte Regung echten Zorns


Zeit: Die nahe Zukunft.
Ort: Irgendwo im Norden der früheren BRD.
Land: Gibt es nicht mehr. Deutschland ist aufgegangen in der Euro-Zone Beta – ein konglomeriertes Verwaltungsgebiet aus Ex-BRD, Österreich, Schweiz und den Niederlanden.
Sprache: „Einfaches Deutsch“.
Umgangston: Meme-Sprech, Serienzitate, Reaction-Emotes.
Wirtschaft: Bedingungsloses Grundeinkommen plus digitales Scoring-System.
Bewegungsfreiheit: Ja, theoretisch. Wer den Stadtsektor verlassen will, muss ein 13-seitiges PDF mit Begründung einreichen und drei Wochen auf Antwort warten.
Sicherheit: Geregelte Zustände. Keine Polizei im herkömmlichen Sinne. Nur Drohnen, Konzerngarden und „Kollektive Fürsorgegruppen“ (freiwillige Ordnungshelferinnen, meist Frauen, meist mit Doppelnamen und Community-Zertifikat).


Protagonist:

Ein älterer Mann.
Nackt bis zur Hüfte.
Schweiß glänzt auf seiner borstigen Brust.
In der Hand: Eine Plastikflasche „ArtemisFachkraft® – Kräuterlikör für moderne Männer“.
Früher nannte man es „Jägermeister“. Heute sind „Jäger“ und „Meister“ linguistisch nicht mehr tragbar.

Er steht auf dem Balkon seines 37-Quadratmeter-Megablock-Apartments, Stufe 12 von 28, mit Blick auf den Bio-Stadtgarten für integrative Selbstversorgung.


Und er brüllt:

Mikroplastik?!
Ja scheiß doch drauf!
Vielleicht macht mich das unsterblich!
Vielleicht wächst mir davon ein dritter Arm aus dem Rücken – zum Leute erwürgen!

Ich sauf das Zeug mit Absicht!
Weil ich sehen will, was passiert, wenn man sich freiwillig vergiftet und trotzdem härter wird als der Beton unter diesen NPC-Füßen da unten!
 

Mikroplastik, Nanoplastik, Scheißdrecksplastik – soll doch kommen!
Vielleicht macht mich das ja nicht krank, sondern besser. Vielleicht reichern sich die Teilchen in meinen Muskeln an und machen meine Bizeps schnittfester als Titan. Vielleicht wird meine Haut irgendwann von innen laminiert – wasserabweisend, chemikalienresistent und immun gegen die nächste Generation von Influencern.
 

Vielleicht blockt das Zeug sogar die 5G-Strahlen ab, die mich angeblich braten wie ein Stück Bacon – oder ist das jetzt schon 6G? Ist mir egal. Sollen sie senden, die Arschgeigen. Ich bin nicht mehr auf Empfang.“


Die Leute unten schauen hoch. Nicht aus echter Neugier. Eher wie bei einem Systemneustart.
NPCs.
Ihre Gesichter leuchten in Pastellfiltern. Ihre Lippen formen nichts. Ihre Augen flimmern.
In ihren Köpfen scrollt TikTok auf Autopilot.


Ja, glotzt nur, ihr Fluorid-Zombies!
Ihr und eure verdammten Augen, die aussehen wie eingeschlafene Fernsehgeräte!
Ihr seht nix, hört nix, sagt nix – außer: „Höhö, schönes Wetter heut.“
Ich piss euch Sonnenstürme auf die Stirn!

5G?
Gut! Gut! Her damit!
Vielleicht grillt es mein Hirn endlich weich genug,
dass ich diesen Wahnsinn nicht mehr als Wahnsinn empfinde!
Vielleicht fang ich dann auch an, euch zu mögen!

Spoiler: Niemals!


Eingreifversuch einer „Freiwilligen Ordnungspsychologin“

Über eine Lautsprecher-Drohne meldet sich eine Stimme.
Kalt, freundlich, feucht: Dörte.
Ein bekanntes Gesicht. Sie ist Teil jener kommunalen Deeskalationseinheit, die früher einmal „Polizei“ hieß. Heute heißt das Beziehungsintelligente Fürsorge in urbanen Stressräumen (BIFUS).
Dörte kennt man von früher.


Dörte (durch Megaphon):
Herr X, Sie sollen bitte nicht so laut und wütend sein und was anziehen, weil das macht den anderen Menschen sonst Stress, ja?


Chemtrails?! Chemtrails?? Her damit!
Ich steh auf dem Balkon und atme tief ein. Vielleicht ist da was drin, was mir fehlt. Vielleicht bin ich ja erst dann vollständig, wenn ich den ganzen Cocktail geschluckt hab: Glyphosat, Quecksilber, PFAS, Spuren von Antidepressiva aus dem Grundwasser – gib mir die volle Dröhnung. Vielleicht mutier ich dann endlich zur Endform meiner selbst:
Ein gefühlstauber, polymergehärteter Berserker mit WLAN-Schild und atomar strahlendem Urin.
Ich SCHLUCKE Eure Chemtrails, Ihr Wichser!
Mach meine Lungen zu High-Tech-Luftfiltern!
Ich will Partikelwerte in mir haben, bei denen jedes Laborgerät in Flammen aufgeht!

Und Elon Musk?
Wenn der versucht, mir mit seinem verkackten NeuroLink-Pimmel ins Hirn zu greifen, dann wird er sehen, was passiert, wenn sich Mikroplastik und blanker Menschenhass zu einem elektrischen Sturm vereinigen. Dann tanzt ihm der Zorn in binären Blitzen durchs Interface.

Ich bin kein Opfer dieser Zeit. Ich bin das Resultat. Das verdammte Endprodukt all dieser Jahrzehnte an Umweltfrevel, Konsumterror, Esoterikbullshit und Technosadismus.
Und weißt du was?

Vielleicht bin ich genau das, was diese Welt verdient hat.

Ich bin nicht krank.
Ich bin behandelt!
Behandelt mit Kapitalismus, Kleinstadtgeschwätz und jahrzehntelangem Dauerrauschen.
Und ich spuck es jetzt aus! Alles! Mit jedem Schluck!
Ich bin die fucking Endzeitflöte des gesunden Menschenverstands!

Schluck aus der Flasche. Groß. Ohne abzusetzen.

Ich bin aus Versehen zur Waffe geworden.
Zur Konsequenz dieser ganzen Scheißwelt.
Ein wandelnder Reminder, dass man nicht ewig alles fressen kann
— ohne dass irgendwann einer zurückbeißt.

X schweigt.
Dann hebt er die Flasche.
Trinkt.
Schaut nach oben.
Der Himmel ist leer. Nicht blau, sondern leer.
Kein Wetter, nur Interface.

Dann flüstert er, kaum hörbar:

„Ich erinnere mich an Kartoffelschalen.“


Die Drohne macht ein Meme daraus.
Es geht viral für sechs Minuten.
Dann wird es überschrieben von einer Katze mit Chromfilter, die „Freiheit“ miaut.
X geht zurück in seine Wohnung.
Die Tür fällt zu.


 

Ich erinnere mich... an Langeweile.
 
 


Text: ChatGPT

Bilder:  Bing Image Creator/ChatGPT/Krea_AI/Hailuo_AI

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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