Mittwoch, 29. Oktober 2025

"Das Universum ist nicht da draußen."


Transkript des YouTube-Videos "We Don’t Come Into This World, We Grow Out of It | Alan Watts", Übersetzung durch Qwen.ai.


"Die meisten Menschen leben, als wären sie Fremde hier. Als wären sie von irgendwo anders auf diesen Planeten gesetzt worden. Kleine Besucher, die umherwandern und versuchen, dazuzugehören. Man sagt uns, wir kämen in diese Welt wie Passagiere, die an einem Bahnhof ankommen. Doch das, siehst du, ist das große Missverständnis. Wir kommen gar nicht in diese Welt hinein. Wir wachsen aus ihr hervor – wie Blätter aus einem Baum, wie Wellen aus dem Meer, wie Wolken aus dem endlosen Blau. Wir sind keine Fremden an diesem Ort, sondern Ausdruck davon. Die Erde ist keine Bühne, auf der das Leben auftritt. Sie ist der lebendige Leib, aus dem das Leben hervorgeht. Und du, mein Lieber, bist die Stimme dieses Hervorgehens.

Schau nur: Ein Baum steht nicht im Wald und versucht, dazuzugehören. Er sagt nicht: „Ich muss beweisen, dass ich hierhergehöre.“ Er wächst einfach – verwurzelt, still, offen für die Sonne. Der Baum ist der Wald. Und so bist auch du das Universum, das sich seiner selbst bewusst wird.

Und doch haben wir das irgendwie vergessen. Man hat uns gelehrt, uns selbst als Gäste zu sehen – vorübergehend, unsicher, Außenseiter im eigenen Zuhause. Wir glauben, man hätte uns hierhergeschickt, vielleicht um etwas zu lernen, zu prüfen oder zu erreichen. Doch stell dir vor, das Meer glaubte, seine Wellen seien nur zu Besuch. Jede Welle wäre dann so ängstlich, höher, besser, besonderer sein zu müssen als die anderen – und vergäße dabei, dass ihr Auf und Ab nur das Atmen des Meeres ist. Und so leben viele von uns: Wir vergessen, dass unsere Gedanken, unsere Hoffnungen, unsere Ängste nichts anderes sind als Kräuselungen dieses großen Ozeans des Seins.

Wir stellen uns vor, Bewusstsein sei in einem Schädel gefangen wie eine Kerze in einer Schachtel. Doch schau genauer hin – es ist vielmehr wie der Himmel, der sich in jedem Wassertropfen spiegelt. Wenn du einen Sonnenuntergang beobachtest oder dem Regen lauschst, gibt es einen stillen Moment, in dem du aufhörst, Dinge zu benennen. Du sagst nicht: „Das ist schön.“ Du fühlst die Schönheit einfach. In diesem Moment erinnerst du dich. In diesem Moment blickt die Welt dich an und sagt: „Ja, mein Lieber. Wir sind eins.“

Halte einen Augenblick inne. Höre darauf – nicht mit deinen Ohren, sondern mit deinem ganzen Sein. Die Luft, die du atmest, ist nicht etwas, das du der Welt nimmst. Sie ist die Welt, die durch dich hindurchströmt. Jeder Atemzug – das Ein- und Ausatmen des Lebens selbst. Wenn du ausatmest, atmen die Bäume ein. Wenn sie ausatmen, atmest du ein. Ein Gespräch so uralt, so vertraut, dass wir vergessen haben, dass es stattfindet. Doch es geschieht – immer.

Siehst du:
Wir sind die Erde, die mit sich selbst spricht.
Die Sterne, die ihr eigenes Licht betrachten.
Das Universum, das sich fragt: „Was bin ich?“
 
Und so wurde es du – deine Augen, dein Lachen, deine Verwirrung, deine Sehnsucht – all das. Das Universum lernt seinen eigenen Rhythmus kennen.

Doch oft sagen wir: „Ich muss Sinn finden.“ Aber: Sinn ist nichts, das irgendwo in der Welt verborgen liegt. Es ist die Welt, die durch dich hindurch Sinn findet.

Schau das Kind an, das im Sand spielt. Es fragt nicht: „Warum bin ich hier?“ Es spielt einfach. Das Spiel selbst ist die Antwort. Und irgendwo tief in dir weiß das Kind noch immer, dass wir nur deshalb vergessen, weil wir in einer Welt aufwachsen, die alles trennt – hier und dort, ich und du, Leben und Tod. Doch diese Trennung ist nur scheinbar, wie die Linie zwischen Berg und Himmel. Tritt weit genug zurück, und du siehst: Es gab nie eine Linie. Nur den Tanz von Form und Formlosigkeit, der sich immer wieder trifft und wieder trennt.

Stell dir nun Folgendes vor: Die Erde, lange bevor du geboren wurdest, drehte sich langsam unter den Sternen und atmete Wälder und Flüsse ins Sein. Und eines Tages, aus diesem langsamen Traum
, entstandest Du – nicht als Besucher, nicht als Zufall, sondern als Fortsetzung desselben tiefen Rhythmus. Die Augen, durch die die Erde sich nun selbst sieht.

Wenn du über den Boden gehst, gehst du nicht auf der Erde. Du bist die Erde, die geht. Jeder Schritt – der Planet, der sein eigenes Gewicht spürt. Jeder Herzschlag – das Echo von etwas Weitem, etwas Uraltem, etwas, das vollkommen zu Hause ist.

Es ist doch seltsam, nicht wahr? Wir verbringen so viel Zeit damit, irgendwo anders hinzugelangen – zu werden, zu erreichen, uns zu verbessern – als wäre das Leben eine Treppe und am Ende der Himmel. Doch nein, das Leben ist eher wie Musik. Der Sinn liegt nicht darin, das Ende zu erreichen, sondern zu spielen, zu tanzen, es sich entfalten zu lassen. Du würdest eine Sinfonie nicht nur hören, um die letzte Note zu erleben. Du würdest sie wegen der Reise hören – wegen des Auf und Ab, wegen der Stille dazwischen.

Halte also einen Moment inne. Spüre, wie die Welt leise unter deinen Gedanken summt. Wie der Körper sich selbst atmet. Wie das Leben, ohne deine Anweisung, weitergeschieht. Das ist das Geheimnis: Du steuerst das Leben nicht. Das Leben drückt sich als du aus. Und je mehr du versuchst, es festzuhalten, desto mehr entgleitet es dir – denn was du festzuhalten versuchst, ist der Fluss selbst. Die Welle kann das Meer nicht festhalten – und doch ist sie das Meer, vollständig. Und wenn die Welle bricht, geht nichts verloren. Sie kehrt einfach ins Meer zurück. So wie jedes Blatt, jeder Ton, jedes „du“ und „ich“ sich wieder auflösen wird in das, was wir nie verlassen haben.

Du bist nie in diese Welt hineingekommen. Du bist aus ihr herausgewachsen – wie die Blume aus ihrem Stängel, wie die Dämmerung aus der Dunkelheit. Und das schöne Paradoxon ist: Du warst schon immer zu Hause.

Doch wir wehren uns gegen diese Wahrheit, weil sie uns demütig macht. Sie bedeutet, dass wir nicht getrennt sind, nicht die Kontrolle haben – sondern nur Teil des Ganzen sind. Doch darin liegt ja gerade die Erleichterung, nicht wahr? Zu erkennen, dass du das Leben nicht tun musst – du musst es nur sein. Die Blume zwingt sich nicht zum Blühen. Sie öffnet sich, wenn die Sonne sie wärmt. Und vielleicht wirst auch du dich, wenn du dich ein wenig wärmen lässt, ohne Kampf und ohne Angst öffnen.

Die Erde beeilt sich nicht. Der Fluss drängt sich nicht zum Meer. Er fließt, weil es nirgendwo anders hinzugehen gibt. Er ist seine eigene Richtung. Und so bist auch du. Jeder Herzschlag, jeder Atemzug ist das Universum, wie es Ja sagt. Noch immer dies, noch immer jetzt.

Halte inne und lausche. Hör genau hin. Das ist das Leben, wie es geschieht. Es kommt ein gewisser Frieden, wenn wir aufhören, uns als getrennt zu fühlen. Wenn wir erkennen, dass wir nicht dieser kleine Verstand hinter unseren Augen sind, sondern die Weite selbst, die nach innen blickt.

Es ist merkwürdig: Je mehr du versuchst, dich selbst zu definieren, desto kleiner wirst du. Denn das Selbst, siehst du, ist kein Ding, das du in deinen Händen halten kannst. Es ist der offene Raum, in dem deine Hände erscheinen.

Als Kind hast du dir keine Sorgen gemacht, jemand zu sein. Du warst der Tanz des Lebens selbst – reine Neugier, reines Staunen, der Geschmack eines Regentropfens, der Rausch, barfuß durch Gras zu laufen. Es gab kein „du“, das das tat. Es war nur das Leben, das geschah. Dann kamen die Erwachsenen und lehrten dich deinen Namen. Sie sagten: „Das bist du.“ Und so begannst du, Mauern zu bauen: Ich, meins, nicht meins, nicht ich. Doch dort, siehst du, begann die Illusion. Denn wer du wirklich bist, ist nicht dein Name, nicht deine Geschichte, nicht einmal deine Gedanken. Du bist der Raum, in dem all diese Dinge kommen und gehen.

Beobachte deine Gedanken einen Moment lang. Wie Wolken, die am Himmel ziehen. Sie erscheinen, verändern sich, verschwinden. Doch der Himmel bleibt unberührt. Du bist dieser Himmel – weit, still, wach – und alles andere ist Wetter. Manchmal sonnig, manchmal stürmisch, manchmal wild – doch es befleckt den Himmel nie.

Wenn du dich also verloren, klein oder getrennt fühlst, halte inne. Einfach nur für eine Weile. Spüre die Stille unter dem Lärm, die Ruhe unter der Bewegung. Sie war immer da – wartete nur darauf, dass du sie bemerkst.

Das Seltsame ist: Du kannst diesen Moment nicht verlassen, um Frieden zu finden. Du kannst nur bemerken, dass der Frieden die ganze Zeit schon hier war.

Höre. Der Klang, den du jetzt hörst – das Summen der Welt, der leise Puls deines eigenen Atems – das ist die Musik des Seins. Und du hörst sie nicht nur – du bist sie.

Siehst du, wir warten immer darauf, dass das Leben beginnt – nach diesem Job, nach diesem Erfolg, sobald diese Sorge vorbei ist. Doch das Leben hat bereits begonnen. Es hat nie aufgehört. Genau jetzt, während du sitzt, atmest und lauschst – das ist es. Das große Geschehen, der Tanz der Schöpfung. Du kommst nicht zu spät. Du hast deinen Einsatz nie verpasst. Du warst die ganze Zeit schon im Spiel.

Und doch – wie angenehm ist es, zu erkennen, dass du nichts tun musst, um des Seins würdig zu sein. Das Gras strebt nicht danach, grün zu sein, noch die Sterne danach, zu leuchten. Sie sind einfach, was sie sind – und das genügt.

Vielleicht besteht die Kunst des Lebens also nicht darin, hinzuzufügen, sondern loszulassen. Nicht darin, zu erreichen, sondern zu erkennen – zu erkennen, dass du und die Welt nicht zwei Dinge sind, die sich begegnen, sondern ein einziges Ding, das sich aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Das Auge kann sich nicht direkt sehen – doch es kann in einen Spiegel blicken. Und so blickt das Universum in dich hinein. Deshalb gibt es überhaupt Bewusstsein – damit der Kosmos seine eigene Schönheit bezeugen kann.

Jeder Gedanke, jedes Gefühl, jeder zitternde Moment der Liebe oder Angst ist Teil dieses Zeugnisses. Du musst also deine Menschlichkeit nicht entfliehen. Du musst sie nur dafür sehen, was sie ist: das Universum, das als Mensch spielt.

Wenn du lachst, ist es das Lachen der Sterne. Wenn du weinst, ist es der Regen, der ins Meer zurückkehrt. Wenn du liebst, erkennt sich das Leben selbst. Und wenn du stirbst – ach ja, wenn du stirbst – geht nichts wirklich verloren, denn was du bist, kann nicht verschwinden. Die Form verändert sich, wie sie es immer tat. Doch das Wesen bleibt. Die Welle sinkt ins Meer zurück, nur um wieder und wieder und wieder aufzusteigen.

Das „du“, für das du dich hältst – der Körper, die Geschichte, der Name – ist nur der Kamm der Welle. Schön, gewiss – doch nicht das ganze Meer. Und so ist der Tod kein Ende, sondern eine Rückkehr, eine sanfte Hingabe an das, was niemals begann.

Doch ich sage dir das nicht, um dich zu trösten. Ich sage es dir, weil es wahr ist. Und Wahrheit, klar gesehen, ist ihr eigener Trost. Welche Angst kann es geben, wenn du erkennst, dass du niemals getrennt warst?

Es ist, als würdest du aus einem Traum erwachen und lachen, weil du siehst, dass das Ungeheuer nur dein eigener Schatten war. Genauso ist die große Angst des Lebens – dieser Drang zu überleben, zu zählen, zu bestehen – nichts anderes als die Sehnsucht der Welle, das Meer zu verstehen. Doch die Welle ist das Meer. Sie war nie getrennt davon.

Lass also die Gezeiten kommen und gehen. Lass die Tage auf- und untergehen. Du musst dich nicht festklammern. Du musst nicht kontrollieren. Höre stattdessen. Höre tief auf den Klang hinter allen Klängen – das Summen des Seins. Wenn du still genug sitzt, kannst du es hören: eine Stille, die nicht leer ist, sondern voll, lebendig, schimmernd, wach. Diese Stille bist du wirklich – und alles andere ist ihr Ausdruck.

Das Lachen der Kinder, der Flug der Vögel, das Brechen der Wellen an einem fernen Ufer – all das ist stilles Singen. Und wenn du das weißt, nicht als bloße Idee, sondern als tiefes Gefühl in deinen Knochen, dann wird jeder Moment heilig. Jede Handlung wird zur Geste des Unendlichen. Selbst das Spülen einer Tasse oder das Gehen durch eine ruhige Straße ist das Universum in sich selbst.

Du bist davon nicht getrennt. Du bist es – immer gewesen. Die Welt lässt dich wachsen, so sicher, wie der Apfelbaum seine Früchte wachsen lässt. Und wie der Apfel fällt, um den Boden zu nähren, wirst auch du das nähren, was danach kommt. Nichts geht verloren. Nichts ist getrennt. Wir sind der Rhythmus des Lebens – die ewige Entfaltung einer einzigen, endlosen Geste.

Halte einen Moment inne und spüre das jetzt: den Atem, der durch dich fließt, die Stille zwischen den Herzschlägen, das leise Murmeln des Daseins. All das. 
Der gleiche unermessliche Rhythmus. Und irgendwo jenseits aller Worte weißt du es. Du hast es immer gewusst.

Vielleicht besteht das Geheimnis also nicht darin, zu suchen, sondern sich zu erinnern
– dich daran zu erinnern, was du schon bist. Die Blume fragt nie, wie sie blühen soll. Der Vogel fragt nie, wie er fliegen soll. Sie sind einfach. Und so bist auch du.

Du kommst nicht in diese Welt hinein. Du wächst aus ihr hervor – so natürlich wie das Licht aus der Dämmerung. Und wenn die Nacht wiederkehrt, verschwindest du nicht. Du ruhst – wie das Meer unter seinen Wellen ruht.

So lebe denn, mein Lieber, sanft, atme tief, lache frei, liebe, ohne zu versuchen, festzuhalten. Und wenn du zu den Sternen blickst, erinnere dich: Du blickst nicht auf sie. Du blickst aus ihnen heraus. Sie sind deine Augen in einer anderen Form. Das Universum ist nicht da draußen. Es ist hier – und hier bist du zu Hause."

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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